Düsseldorf/Krefeld, 25.10.2023 • Mit dem Umstieg auf E-Mobilität steigt der Lithiumbedarf weltweit. Ein guter Zeitpunkt für die Accurec-Recycling GmbH, im Jahr 2023 die erste Anlage zur industriellen Rückgewinnung des wertvollen Rohstoffs aus Altbatterien in Europa in Betrieb zu nehmen. Die Recyclingtechnologie aus NRW birgt ein großes Potenzial.

Man nennt es auch: das weiße Gold der Energiewende. Das Leichtmetall Lithium ist seit der Erfindung des Lithium-Ionen-Akkus für viele Bereiche unseres täglichen Lebens ein unentbehrlicher Rohstoff geworden. Es steckt in Handys, Laptops und E-Bikes und soll künftig der steigenden Anzahl von Elektroautos die notwendige Traktionsenergie liefern. Ein Belgisches Forschungsteam prognostiziert in der Studie „Metals for Clean Energy“ zwischen den Jahren 2020 und 2050 allein für die EU einen Anstieg des Lithiumbedarfs um rund 3.500 Prozent.

Lithium ist kein seltenes Metall, allerdings ist es aufgrund seiner feinen Verteilung aufwendig, es abzubauen. Umso erstaunlicher, dass bis heute weltweit kein wirtschaftliches Recyclingverfahren etabliert werden konnte. In Krefeld am Niederrhein möchte man genau dies ändern. „Wir starten Europas erste Industrieanlage zur Rückgewinnung von Lithium“, sagt Dr. Reiner Sojka, Geschäftsführer der Accurec-Recycling GmbH. „Im Herbst 2023 wird die Anlage den kommerziellen Betrieb aufnehmen.“ Das Unternehmen sichert sich damit eine gute Position in einem engen Wettlauf der Innovationen. „Derzeit ändert sich die Situation fast täglich“, sagt Sojka. Denn verschiedene Anbieter sind auf der Suche nach dem besten Weg, um das Lithium der großen Traktionsbatterien möglichst umweltschonend und wirtschaftlich aufzubereiten. Und dafür ist es auch höchste Zeit: Im Juli 2023 trat eine EU-Verordnung in Kraft, die ein Ziel für die Rückgewinnung von Lithium aus Altbatterien von 50 Prozent bis Ende 2027 und 80 Prozent bis Ende 2031 festgelegt. Schon ab 2030 rechnet die oben genannte Studie mit großen Mengen an E-Auto-Batterien, die ins Recycling gehen.

Kreislaufwirtschaft mit Akkumulatoren

Die Accurec widmet sich seit 2013 speziell den Lithium-Ionen-Batterien und gewinnt daraus bisher Nickel, Kobalt und Kupfer zurück. Die hierzu notwendige Logistik für Sammlung und Transport der entsprechenden Altgeräte ist eingespielt. „Bei uns gehen etwa 60 Prozent aller in Europa recycelten Lithium-Ionen-Akkus durch die Halle“, sagt Sojka. „Im Jahr sind das derzeit 5 Mio. Kilogramm. Der überwiegende Teil davon kommt aus dem Kleingerätebereich. Mit der Elektromobilität wird sich das ändern und die Menge exponentiell steigen.“

Der steigende Materialumsatz wird künftig genutzt werden, um im großen Maßstab auch das Lithium aus den Akkus zurückzugewinnen. Die neue Technologie wurde in den bewährten Prozess integriert, das Recycling am Standort Krefeld ist damit wieder um ein Stück besser geworden. „Wir sehen uns als Vorreiter einer Circular Economy und arbeiten kontinuierlich an weiteren Optimierungen“, sagt Dr. Simon Hilgendorf. Er ist Leiter der Entwicklungsabteilung und für das neue Lithiumrecycling zuständig.

Ressourcenschonende Prozesskette

Die angelieferten Batterien werden zunächst per Hand vorsortiert und durchlaufen dann die sogenannte Pyrolyse. Der Vorgang eliminiert störende Bestandteile wie Kunststoffe und Kleber und regt chemische Reaktionen an, die später die Aufbereitung erleichtern. Bis zu 500 °C wirken dabei – abhängig vom Typ – auf die Batterien ein. Eine Besonderheit: „Dieser Prozess verläuft in unserer Anlage autotherm, das heißt, ohne zusätzliche Energiezufuhr. Wenn die Pyrolyse einmal gestartet wurde, läuft sie mit der erzeugten Abwärme von selbst weiter“, beschreibt Hilgendorf das im Unternehmen entwickelte Verfahren. Danach werden die Batterien zerkleinert und u. a. von Gehäusebestandteilen getrennt. Übrig bleibt die sogenannte Schwarzmasse, die in konzentrierter Form zahlreiche Rohstoffe enthält.

Um das Lithiums abzutrennen, kommt eine weitere umweltschonende Innovation zu ihrem Einsatz. Anders als in gängigen Verfahren verwendet die Accurec dazu weder Säuren noch Oxidationsmittel. Stattdessen wird das Lithium mit Wasser und unter speziellen Prozessbedingungen aus der Schwarzmasse herausgelöst. „Wir kombinieren die Pyrolyse mit definierten Reaktionsbedingungen. So ist es uns gelungen, das Verfahren ohne nennenswerten Chemikalieneinsatz zu gestalten. Selbst das Wasser wird immer wieder verwendet, also im Kreis gefahren“, erklärt Hilgendorf. „So schonen wir auch hierbei wertvolle Ressourcen.“

Innovationen prägen das Geschäft

In Fragen der Umweltwirkung ist Detailarbeit ein persönliches Anliegen des Vollblutmetallurgen. Er selbst habe nach seinem Studium bewusst nach einem Unternehmen gesucht, dass den Nachhaltigkeitsgedanken in sich trägt, sagt Hilgendorf. Und wenn er heute Bewerbungsgespräche führt, treffe er häufig Gleichgesinnte – und suche auch gezielt danach. „Ingenieurinnen und Ingenieure, administrative und andere Fachkräfte: Wir bauen uns ein Team von Überzeugungstätern auf“, meint der Entwicklungsleiter, „wir alle sind mit persönlichem Interesse dabei und bringen vollen Einsatz.“ Geschäftsführer Sojka ergänzt: „Seit rund 10 Jahren ist Nachhaltigkeit ein zentrales Überlebensthema für uns. Das hat auch mich gepackt und begeistert.“

Rückblickend konstatiert der Geschäftsführer einen bedeutsamen Wandel in der Recyclingbranche, die heute durch komplexere Stoffströme herausgefordert sei. Wie nur wenige in der Branche setzt die Accurec daher auf Forschung und Entwicklung, um vorhandene Prozesse zu verbessern, neue Batterietypen in ihr Recycling zu integrieren oder um bereits bei der Entwicklung neuer Batterietechnologien die spätere Aufbereitung von vornherein mit einzubringen. „In unserem Team arbeiten Elektrotechnik, Maschinenbau und Metallurgie eng zusammen – so bauen wir neue Anlagen für vielfältige metallurgische Anwendungen. Das macht uns aus. Und dafür stehen wir in engem Austausch mit verschiedenen Hochschulen, Universitäten und weiteren Forschungspartnern in Deutschland und Europa“, sagt Sojka, der bereits weitere Pläne hat: „Mit der Elektromobilität erwarten wir eine disruptive Veränderung in den kommenden Jahren. Vor diesem Hintergrund kann ich mir vorstellen, dass wir neben dem Recyclinggeschäft auch als Industrielieferant mit unserer Technologie und mit den von uns entwickelten Prozessen an den Markt gehen.“

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Die Accurec-Recycling GmbH ist ein Unternehmen der nordrhein-westfälischen Umweltwirtschaft. Der forschungsstarke Spezialist für Batterierecycling nimmt 2023 die erste kommerzielle Anlage zur Lithium-Rückgewinnung in Europa in Betrieb. Green Economy – stark in NRW.

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Accurec-Recycling GmbH


Beschäftigte
80

Umsatz
25 Mio. Euro

Patente
6

Forschungskooperationen
RWTH Aachen u. a.

Gründung
1995

Firmensitz
Krefeld, Nordrhein-Westfalen

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