Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in NRW gehört insbesondere hinsichtlich seiner Beschäftigungswirkung zum sehr relevanten Marktsegment Umweltfreundliche Logistik- und Mobilitätsdienstleistungen im Teilmarkt Umweltfreundliche Mobilität. Der ÖPNV setzt sich zusammen aus dem Straßenbahn-, Stadtbahn- und U-Bahnverkehr, den Nahlinienbussen und dem regionalen Eisenbahnverkehr. Er bietet eine ökologisch vorteilhafte Alternative zum motorisierten Individualverkehr und wird daher der Umweltwirtschaft zugerechnet.
Der ÖPNV in Nordrhein-Westfalen zählte im Jahr 2022 knapp 500 Mio. Fahrgäste. Dabei legte der ÖPNV mehr als 15 Mrd. Personenkilometer zurück.* Diese Transportleistung ist nicht nur bedeutsam für die Bruttowertschöpfung der nordrhein-westfälischen Umweltwirtschaft, sondern auch für den Klimaschutz, die Luftreinhaltung, das Stadtbild und den Lärmschutz.
Die ökologische Leistung des ÖPNV lässt sich auf Grundlage der aktuellen Datenlage für die Klimaschutzleistung und die Luftreinhaltung ökonomisch bewerten. Für die Bewertung wird ein Vergleich zwischen dem Ist-Zustand und einem kontrafaktischen Szenario** durchgeführt. Der Ist-Zustand beschreibt die tatsächliche Verteilung der in NRW zurückgelegten Personenkilometer auf die unterschiedlichen (Nah)Verkehrsmittel, das sind neben dem ÖPNV der Pkw-, Rad- und Fußverkehr. Für das kontrafaktische Szenario wird angenommen, dass der ÖPNV nicht existiere und dessen Personenkilometer bzw. Verkehrsleistung durch die anderen Verkehrsmittel ersetzt werden müsste. Dabei wird sowohl angenommen, dass sich die gesamte Verkehrsleistung im kontrafaktischen Szenario nicht verändern als auch, dass sich die Personenkilometer des ÖPNV auf die anderen Verkehrsmittel gemäß der Verteilung im Ist-Zustand aufteilen würde.
Mithilfe von Treibhaus- und Luftschadstoffemissionswerten pro Personenkilometer des Umweltbundesamtes*** werden schließlich die gesamten Emissionen des Verkehrs jeweils für den Ist-Zustand und das kontrafaktische Szenario berechnet. Diese Werte lassen sich anschließend unter Anwendung der Methodenkonvention des Umweltbundesamtes monetarisieren. Die Differenz aus den Szenarien wird als die durch den ÖPNV vermiedenen Emissionen bzw. als die ökologische Leistung des ÖPNV verstanden (siehe Tabelle).
Im Ergebnis werden gemäß dieser Berechnung durch das Angebot des ÖPNV 2 Mio. t Treibhausgas- und 13.000 t Luftschadstoffemissionen vermieden. Das übersetzt sich in einen ökonomischen Wert von 700 Mio. Euro.
Hinter diesem Wert stecken konkrete Wirkungen, die die ökologische Leistung des ÖPNV greifbarer machen. Vermiedene Treibhausgasemissionen tragen zum Klimaschutz bei und damit zur Vermeidung zusätzlicher Schäden für Mensch und Natur durch den (voranschreitenden) Klimawandel. Luftschadstoffe belasten wiederum die Lunge und das Herz, führen durch Ablagerungen zu Gebäudeschäden, beeinträchtigen die Böden und Nutzpflanzen der Landwirtschaft und tragen zum Verlust von Biodiversität bei. Das zeigt, wie wichtig jede vermiedene Tonne an Luftschadstoffen ist.
Der Beitrag zum Stadtbild und Lärmschutz konnte zwar auf Grund fehlender Datengrundlagen nicht bewertet werden, ist aber ebenfalls als sehr bedeutend anzusehen. Unter der Annahme, dass der ÖPNV zum Teil den Pkw-Verkehr ersetzt, kann davon ausgegangen werden, dass durch das Angebot des ÖPNV weniger Pkw die Straße befahren. Das wirkt sich auf die Wahrnehmung des Stadtbilds, den Verkehrsfluss und die Straßenlärmbelastung aus. Falls der ÖPNV darüber hinaus sogar dazu beitragen sollte, dass insgesamt weniger Pkw in NRW in Besitz sind, hätte der ÖPNV vermutlich zusätzlich auch einen positiven Effekt auf den Parkplatzbedarf und dadurch auf die Freiflächen- und Straßengestaltung.
Die Ergebnisse können nicht dazu genutzt werden, um Aussagen über die Wirkung zukünftiger Vergrößerungen des ÖPNV-Angebots zu treffen, da die durchgeführte Analyse keine Substitutions- oder Sekundäreffekte berücksichtigt. Dennoch veranschaulichen die Ergebnisse, dass der ÖPNV gut für das Klima, die Gesundheit und die Umwelt in (und außerhalb) NRW ist.
_____
* Länderinitiative Kernindikatoren – Liki (2024): Verkehrsleistung (30.6.2024);
IT NRW (2024): Unternehmen, Beförderte Personen, Personenkilometer (Personenverkehr mit Bussen und Bahnen) (30.6.2024).
** Die Emissionswerte des Umweltbundesamtes beruhen auf der durchschnittlichen Auslastung der Verkehrsmittel des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) auf Bundesebene. Das heißt, die verwendeten Emissionsdaten spiegeln nicht zwingend die tatsächliche spezifische Auslastung des SPNV in NRW wider. Im Rahmen des Projekts „Fokus Klima“ wird derzeit eine Klimabilanz für den nordrhein-westfälischen SPNV sowie eine Prognose der Klimaschutzleistung des SPNV bei Ausbau des Schienennetzes und des SPNV-Angebotes in NRW bis zum Jahr 2040 erstellt. „Fokus Klima“ ist ein Teilprojekt des Landesprogramms „Fokus Bahn“, in dem unter Federführung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr die Eisenbahnverkehrsunternehmen und Aufgabenträger in Nordrhein-Westfalen eng zusammenarbeiten, um sich als Branche den aktuellen Herausforderungen zu stellen. Innerhalb des Projektes werden u.a. die vom Umweltbundesamt veröffentlichten Verkehrsemissionen an die spezifische Verkehrsauslastung in NRW angepasst. Stand Juli 2024 liegen die finalen Ergebnisse noch nicht vor. Allerdings fand im Rahmen der Erstellung des Umweltwirtschaftsberichts 2024 ein Austausch mit der Fokus Klima-Projektgruppe statt. Dieser ergab, dass die Auslastung des ÖPNV in NRW im Vergleich zum Bundesdurchschnitt vermutlich höher ist. Folglich stellen die für den Umweltwirtschaftsbericht 2024 berechneten Emissionseinsparungen durch den ÖPNV eine Unterschätzung dar und es kann davon ausgegangen werden, dass der kontrafaktische Nutzen höher ausfällt. Zu Informationen über und Publikationen von „Fokus Klima“ siehe www.fokus-bahn.nrw/projekte/fokus-klima.html.
*** Umweltbundesamt (2021): Umweltfreundlich mobil! Ein ökologischer Verkehrsartenvergleich für Personen- und Güterverkehr in Deutschland (30.6.2024).