Kohlschein Modulbau GmbH

Klimafreundlich bauen mit System und Hanfbeton

Düsseldorf/Warburg, 18.10.2023 • Bauen mit Fertigteilen spart Zeit und schont die Nerven. Wie es auch die Klimabilanz und das Raumklima verbessern kann, zeigt das Warburger Unternehmen Kohlschein Modulbau. Mit Hanfbeton macht das Start-up eine traditionelle Bauweise fit für die Großanwendung.

Stein auf Stein, das war einmal. Zumindest im Arbeitsalltag von Philipp Ende spielt das klassische Mauern keine besondere Rolle mehr. Der diplomierte Bauingenieur leitet die Produktentwicklung für „FRAWO.Modul“, mit dem die Warburger den Systembau umkrempeln und klimafreundlich gestalten wollen. „Mit einem effizienten Bausystem senken wir den immens hohen Energieaufwand im Baubereich“, sagt Ende. Eine Vision mit Potenzial: Denn die „graue Energie“, die für Herstellung und Transporte der Baumaterialien sowie für den Bau und schließlich Abriss und Entsorgung bzw. Recycling eines Gebäudes aufgewendet wird, schlägt bei einem Neubau mit rund 50 Prozent des Energiebedarfs über den gesamten Lebenszyklus zu Buche. „Wir leisten einen Beitrag zur zeitgemäßen Transformation der Bauwirtschaft, die wir mit unserem System voranbringen wollen“, so Ende.

Alt und neu ohne Kompromisse

Um dieses Ziel zu erreichen, kombiniert das Unternehmen moderne und Jahrhunderte alte Techniken und Baustoffe. Ein Indiz liefert der Produktname: FRAWO steht für „Framework“, zu deutsch Fachwerk. „Im Fachwerkbau gibt es eine tragende Struktur aus Holzbalken, so dass man den Rest der Wand mit Baustoffen verfüllen kann, die keine statischen Aufgaben übernehmen müssen. Deshalb können die Füllmaterialien zielgenauer und unter passenden bauphysikalischen Gesichtspunkten ausgewählt werden“, erläutert Ende. Im Vergleich dazu ist die gemauerte oder Betonwand eines konventionellen Wohnhauses ein Kompromiss, bei dem vielerlei Schichten verschiedene Funktionen übernehmen müssen: Beton und Stein, Dämmstoff, Plastikfolie, Klebstoffe. Das Recycling einer solchen Verbundwand ist nahezu unmöglich, die Energiebilanz mäßig. Und auch die Wohnqualität leidet unter den Kompromissen, oft muss das Gebäude mit technischen Kniffen zum „Atmen“ gebracht werden.

Anders im FRAWO-System. Hier sorgt die Wand für ein behagliches Innenraumklima und übernimmt auch selbst die Wärmedämmung. Wie im historischen Fachwerkhaus besteht die Wand aus tragenden Strukturen und einem Füllmaterial. „Wir bieten zwei Materialvarianten an: Die eine besteht aus aufbereitetem Altglas, das zu porösen Kügelchen aufgebläht und zu einem wärmedämmenden Leichtbeton gebunden wird. Als zweite Möglichkeit verwenden wir Hanfbeton. Beide Varianten sparen deutlich Primärenergie ein, weil unter anderem weniger Zement benötigt wird als für eine gemauerte Wand. Die beste Energiebilanz hat der Hanfbeton“, beschreibt Ende.

Eine Diva mit klimapositiven Eigenschaften

Hanfbeton ist als Baustoff schon länger bekannt, wird aber in Deutschland kaum verwendet, weil seine Verarbeitung als schwierig gilt. „Hanfbeton ist eine Diva. Er ist nicht fließfähig und kann nicht gegossen werden. Ein störrischer Matsch, der am besten mit den Händen verarbeitet wird und zum Trocknen gepresst werden muss.“

Umso schillernder sind seine positiven Eigenschaften: Hanfbeton ist sehr gut wärmedämmend und reguliert das Raumklima, weil er Feuchtigkeit aufnehmen und auch wieder abgeben kann. Außerdem ist er klimafreundlich, weil der nachwachsende Rohstoff Hanf CO2 aus der Luft aufnimmt und einspeichert. „Ein Gebäude aus Hanfbeton ist in der Gesamtbilanz klimapositiv“, sagt Ende, „Unter dem Strich wird der Atmosphäre mehr CO2 entzogen als für Herstellung und Bau emittiert werden.“ Hinzu kommt: Bei Um- oder Neubauten kann der Hanfbeton gemäß Cradle-to-Cradle vollständig recycelt und zur Produktion neuer Module genutzt werden.

Hergestellt wird der Hanfbeton aus Hanfschäben, dem holzigen Rest, der nach der Verarbeitung der Fasern und Blüten von der Pflanze übrigbleibt und für den es bislang kaum Verwendung gibt. Im Zuge des steigenden Bedarfs nach Hanffasern und CBD aber auch vor dem Hintergrund der Cannabis-Legalisierung in verschiedenen Ländern sieht Ende einen vielversprechenden Anbietermarkt für den nachhaltigen Rohstoff.

Systembau für den großen Maßstab

Dämmsteine, Trockenbauplatten und ähnliche Produkte aus Hanfbeton werden schon heute durch verschiedene Unternehmen angeboten. Die Vorteile des Materials jedoch im Systembau effizient und potenziell auch in großem Maßstab nutzbar zu machen, ist eine der besonderen Leistungen des FRAWO.Moduls. Das Unternehmen hat viel Entwicklungsarbeit in die Verarbeitung des Baustoffes gesteckt und wurde dabei auch im Rahmen von REACT-EU durch das Land NRW und die Europäische Union unterstützt. Zwei Patente sind international angemeldet und voraussichtlich Mitte 2024 wird das FRAWO.Modul aus Hanfbeton bestellbar sein. Die Blähglas-Variante wird bereits verbaut.

Das Bauen funktioniert in beiden Varianten einfach: Die Wandmodule werden fertig auf dem Bauplatz angeliefert und dort aufgestellt. Anders als beim traditionellen Fachwerk entstehen die tragenden Strukturen erst im zweiten Schritt: „Unsere Module haben Hohlröhren, die auf der Baustelle mit Stahlbeton vergossen werden. Dadurch entsteht ein statisches Skelett, das alles trägt. Die Statik ist dann unabhängig von den Modulen, so dass man mit nur wenig Beton auch große Gebäude mit bis zu 10 Geschossen bauen kann“, sagt der Entwicklungsingenieur. „Und auch preislich sind wir schon jetzt mit anderen Bauverfahren vergleichbar. In den kommenden fünf Jahren wollen wir die Zahl von 300 Häusern pro Jahr erreichen, die mit unseren Modulen errichtet werden.“

Vom Fachwerk zum Start-up

Manchmal hilft ein Blick von außen, um die Dinge tiefgreifend zu verändern. Auch dies zeigt die Geschichte des FRAWO.Moduls. Denn die Erfindung geht auf den Bierbrauer Franz-Axel Kohlschein zurück, der in Warburg mit seinem Cousin Michael die gleichnamige Brauerei führt. Während eines privaten Bauvorhabens im Jahr 2012 kam ihm die erste Idee für seine moderne Interpretation des Fachwerkbaus – effizient, massentauglich und energiesparend. Mehrere Jahre suchte er nach einem Forschungspartner, um das Vorhaben zu realisieren, und fand diesen schließlich in der TU Dresden und dem damaligen Diplomanden Philipp Ende. Der Rest ist Unternehmensgeschichte.

***

Die Kohlschein Modulbau GmbH ist ein Unternehmen der nordrhein-westfälischen Umweltwirtschaft. Das Bau-Start-up aus dem Kreis Höxter hat Patente in in D, EU, USA und China beantragt und steht an der Schwelle zum kommerziellen Markteintritt. Green Economy – stark in NRW.

Newsletter Umwelt­wirtschaft

Kohlschein Modulbau GmbH


Beschäftigte
4 Angestellte, 2 Werksstudenten

Umsatz
erste Außenumsätze für das 2. HJ 2023 geplant

Patente
Patentverfahren in D, EU, USA, China

Forschungskooperationen
TU Dresden

Gründung
2020

Firmensitz
Warburg, Kreis Höxter, Nordrhein-Westfalen

Website