Köln/Düsseldorf, 27.11.2024 • Gründerinnen und Gründer bringen die ökologische Transformation mit neuen Ideen und sehr viel Energie voran. Warum man bei Sanierungen immer auf das Große, Ganze schauen muss, wie fast zufällig eine Gründungsidee entstehen kann und was dann folgt, darum geht es im Interview mit Lea van den Berg. Die 27-jährige Betriebswirtin gründete 2024 das Start-up 1TO3 Energy in Köln.
Häufig zeigt sich, dass Energieeffizienz und nachhaltige Energie eben auch wirtschaftlich sinnvoll sind.
Lea van den Berg, Gründerin 1TO3 Energy GmbH
Frau van den Berg, was ist Ihre Geschäftsidee?
Wir bieten eine Software an, mit deren Hilfe Energieberaterinnen und Energieberater sowie Handwerksbetriebe gemeinsam und besonders effizient Sanierungsprojekte planen und durchführen können. Kern des Ganzen ist ein digital angelegtes Sanierungsprojekt, das einmalig aufgesetzt wird und dann allen, die es benötigen, sämtliche Daten und Analysen nach aktuellem Stand bereitstellen kann. Das ist eine Art digitale Patientenakte für Gebäude, einschließlich geplanter Sanierungsschritte, Potenziale, möglicher Kosteneinsparungen, Förderungen und mehr.
Wenn zum Beispiel eine Energieberaterin engagiert wird, um ein Haus aus den 1960er-Jahren zu sanieren, kann sie in unserer Plattform zunächst das Gebäude anlegen und analysieren, um die notwendigen Arbeiten mit den Eigentümern zu besprechen. Dann holt sie die Fachbetriebe für die Heizung, die Dämmung, die Fenster etc. hinzu. Denen kann sie dann für deren Angebote und Berechnungen alle Daten, Analysen und das Wissen, das schon zu dem Haus vorliegt, digital bereitstellen. Außerdem kann sie erfahrene Betriebe für bestimme Aufgaben hinterlegen. So werden bestehende Netzwerke digital befähigt und neue überregionale Sanierungsnetzwerke kreiert. Auf der Grundlage kann unsere Plattform auch qualifizierte Fachbetriebe in der Nähe vorschlagen.
Insgesamt werden dadurch die Abläufe für jedes einzelne Projekt effizienter und vor allem auch die Ergebnisse der Sanierungen und Modernisierungen besser. Weil das in den verschiedenen Betrieben vorhandene Wissen zu Sanierungsprojekten besser überblickt wird und so in jedes neue Projekt mit einfließen kann.
Das klingt nach einer spannenden zukunftsträchtigen Idee, die den aktuellen Bedarf trifft. Wie sind Sie Gründerin geworden?
Tja, nach dem Abi bin ich eher durch Zufall in der Energiebranche gelandet. Ich habe ein duales Studium International Business angefangen und mir für den betrieblichen Teil das Unternehmen Vaillant im Bergischen Land ausgesucht. In meiner Zeit dort als Business Development Managerin haben wir den Wandel der Branche immer beobachtet und mitgestaltet: Was ist das Heizen der Zukunft, wie transformiert man sich als Unternehmen? Nach dieser Zeit habe ich einen Master in Impact Entrepreneurship gemacht, also nachhaltiges Unternehmertum. Auf diesem Weg bin ich als Werkstudentin zu dem Hamburger Start-up 1KOMMA5° gekommen. Dort habe ich nochmal hautnah erlebt, wie es ist, die Transformation selbst anzupacken, Innovationen auf den Weg zu bringen. Das war eine prägende und tolle Zeit, in der ich mit super inspirierenden Menschen arbeiten durfte. Und am Ende habe ich gedacht: Jetzt will ich es auch selber wissen!
Wie sind Sie auf die Idee für Ihre Gründung gekommen und wie ging es weiter?
Für mich gab ein Besuch bei meinen Eltern den Anstoß. Sie wollten etwas am Haus machen und sind dabei auf einen lokalen Heizungsbetrieb zugegangen. Der hatte ihnen dann zwei Solarthermie-Module installiert. Es stellte sich aber schnell heraus, dass diese Entscheidung wenig sinnvoll war: Die Gasheizung war bereits über 20 Jahre alt und musste bald raus, meine Eltern dachten über eine Wärmepumpe und Photovoltaik nach, ein Jahr später sollte ein E-Auto angeschafft werden. Und auch das Thema Förderung war nicht zur Sprache gekommen. Es war, wenn man ehrlich ist, eine Fehlinvestition und das ärgerte mich.
Das Haus und das Vorhaben hätte ganzheitlich betrachtet werden müssen: Welche Maßnahmen werden in den nächsten Jahren notwendig sein? Was zahlt sich über die Jahre für meine Eltern aus? Was wird aktuell gefördert? Um Sanierungspotenziale auszuschöpfen, muss man viel Wissen zusammenbringen. Deshalb sind meine zwei Mitgründer und ich zunächst auf Energieberaterinnen und Energieberater zugegangen und haben ihr Wissen und ihre Anforderungen aufgenommen. Mit diesem Ansatz haben wir dann unser Unternehmen offiziell gegründet – und begonnen, unsere Software zu entwickeln. Schnell wurde klar, dass wir Energieberatung und Handwerksbetriebe zusammenbringen müssen. Mittlerweile nutzen auch Dämm-, Fenster-, Heizungs- und PV-Betriebe unsere Plattform und kooperieren zu Sanierungsprojekten.
Schnell wurde klar, dass wir Energieberatung und Handwerksbetriebe zusammenbringen müssen. Mittlerweile nutzen auch Dämm-, Fenster-, Heizungs- und PV-Betriebe unsere Plattform und kooperieren zu Sanierungsprojekten.
Lea van den Berg, Gründerin 1TO3 Energy GmbH
Wie ist der Stand der Dinge heute?
Wir haben im Februar 2024 in Köln die 1TO3 Energy GmbH gegründet. Seit Oktober sind wir mit unserer Plattform live. Wir haben derzeit einen festen Mitarbeiter und beschäftigen nach Bedarf auch Werkstudierende oder bieten Praktika an. Gerade geht es vor allen Dingen darum, die Betriebe an Bord zu holen und zu aktivieren. Bis Ende des Jahres wollen wir unser Netzwerk auf 80 bis 100 Betriebe ausbauen. Dabei versuchen wir, fokussiert zu wachsen und die vorhandenen regionalen und inhaltlichen Schwerpunkte zu erweitern.
Wie haben Sie Ihre Gründung finanziert?
Aktuell finanzieren wir uns selbst. Sehr dabei geholfen hat, dass wir im vergangenen Jahr an verschiedenen Wettbewerben für Start-ups auf Landes- und Bundesebene teilgenommen haben. Teilweise haben wir Gelder gewonnen, aber auch Coachingangebote und Zugang zu wichtigen Netzwerken erhalten. Im nächsten Jahr planen wir auch mit externem Kapitalbedarf, etwa mit der Hilfe von Business Angels.
Wie kann Ihrer Meinung nach die nachhaltige Transformation gelingen?
Der Gebäudesektor ist für einen großen Teil der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Wir müssen Bestandsgebäude insgesamt schneller und umfangreicher sanieren. Und ganz häufig zeigt sich, dass Energieeffizienz und nachhaltige Energie eben auch wirtschaftlich sinnvoll sind – wenn man das Gebäude als Ganzes im Blick behält. Was mir ganz wichtig ist: Kooperation führt zu besseren Ergebnissen. Wenn ein Fachbetrieb zum Beispiel keine Erfahrung mit Photovoltaik oder Wärmepumpen hat, sollte das nicht dazu führen, dass diese falsch dimensioniert oder erst gar nicht in Betracht gezogen werden. Und für den Betrieb ist es kein Schaden, qualifizierte Partnerbetriebe hinzuzuziehen. Langfristig gewinnen so alle.
Kooperation führt zu besseren Ergebnissen. Langfristig gewinnen so alle.
Lea van den Berg, Gründerin 1TO3 Energy GmbH
Zu guter Letzt: Haben Sie einen Tipp für künftige Gründerinnen und Gründer in der Umweltwirtschaft?
Auch hier steht für mich das Thema Kooperation ganz weit oben auf der Liste. Viele stellen sich vor, die perfekte Geschäftsidee allein am Schreibtisch auszubrüten. Das kann klappen, aber nach meiner Erfahrung ist es sehr wichtig, Netzwerke aufzubauen und zu nutzen. Zum einen inhaltlich, um erstes Feedback zu bekommen. Zum anderen, um Zugang zu Partnern oder potenziellen Kundinnen und Kunden zu bekommen. Dann auf persönlicher Ebene, einfach um Menschen zu finden, die einen durch die Höhen und Tiefen begleiten. Schließlich auch strategisch, um die Frage zu klären: Wo will man eigentlich hin mit seinem Start-up? Wie kann ein Preismodell aufgestellt werden, welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es? An dieser Stelle möchte ich eine Lanze brechen für unseren Standort in NRW. Hier gibt es schon sehr viele gute Netzwerkangebote und auch Förderprogramme, die einem weiterhelfen können. Ob in Köln, Bochum, Dortmund, Düsseldorf. Man muss sich nur umschauen.
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Das Interview wurde geführt anlässlich der #MeilensteineGreenNRW