06.02.2023 · Ministerin Neubaur: Heute die Energie von morgen planen. Netzbetreiber und Energieministerium gehen gemeinsam voraus.
Klimaneutralität bis 2045 ist politischer Konsens. Das Klimaschutzgesetz verpflichtet Deutschland, bis dahin CO2-neutral zu sein. Dazu braucht es einen kompletten Umbau des Energiesystems. Um den so effizient wie möglich zu schaffen, müssen die Sektoren Strom, Gas, Wärme und Wasserstoff gemeinsam betrachtet werden. Das schont die Umwelt und spart Kosten – auch für Verbraucherinnen und Verbraucher. Aktuell wird der Bedarf für Gasfernleitungsnetze und Stromübertragungsnetze in getrennten Prozessen nach unterschiedlichen Vorgaben ermittelt. Ein etablierter Prozess zur Ermittlung des Bedarfs für eine Wasserstoffinfrastruktur besteht bisher nicht. Ziel des nun abgeschlossenen Projektes „Integrierte Netzplanung NRW“ ist es, die unterschiedlichen Energieinfrastrukturen systemübergreifend zu betrachten. Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, Open Grid Europe, Thyssengas Amprion und Westnetz wollen gemeinsam ein Bild des Transformationspfades zur CO2-Neutralität aufzeigen.
Wirtschafts- und Energieministerin Mona Neubaur: „Wir müssen bereits heute die Energieinfrastruktur für das Energiesystem von morgen planen! Die „Integrierte Netzplanung NRW“ ist eine Richtschnur für den Transformationsprozess hin zur Klimaneutralität – gerade in Nordrhein-Westfalen. Das Ziel der Klimaneutralität kann auf unterschiedlichen Pfaden erreicht werden, so dass mit robusten Infrastrukturmaßnahmen begonnen werden muss, wie der Wasserstoffinfrastruktur, die wir in allen Szenarien brauchen. Ein solch umfassender Prozess zur Bedarfsermittlung für Energieinfrastrukturen sollte kurzfristig auch auf Bundesebene angestoßen werden. Nur so können wir das Klimaneutralitätsnetz bis 2045 realisieren.“
Dr. Hendrik Neumann, Technischer Geschäftsführer Amprion GmbH: „Um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen, müssen die Sektoren Strom, Gas und Wasserstoff miteinander verzahnt werden. Das Ziel muss sein, in einem gemeinsamen Szenariorahmen die Leitplanken für die nachfolgenden Netzplanungsprozesse zu setzen. Die Integration der entstehenden Wasserstoffinfrastruktur mit Elektrolyseuren muss dabei von Anfang an sowohl an den Erfordernissen der Industrie als auch des Stromnetzes ausgerichtet werden. Mit der direkten Anbindung großer Mengen Offshore-Windenergie in Nordrhein-Westfalen wird Amprion zu der erfolgreichen Transformation des Wirtschaftsstandorts beitragen. Für eine schnelle und effiziente Realisierung ist eine Bündelung in Energiekorridoren sinnvoll. Zur erfolgreichen Umsetzung dieser Projekte werden wir unsere Investitionen in Nordrhein-Westfalen kurz- und mittelfristig deutlich steigern.”
Dr. Thomas Gößmann, Vorsitzender der Geschäftsführung Thyssengas GmbH: „Die Realisierung eines Wasserstoff-Startnetzes ist zeitkritisch erforderlich zur Erreichung der Klimaziele als auch für den Wirtschafts- und Industriestandort Deutschland. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben bereits aufgezeigt, dass sie eine Wasserstoffinfrastruktur effizient aus der bestehenden Erdgasinfrastruktur heraus entwickeln können. Gleichzeitig hat auch der Prozess zur „Integrierten Netzplanung NRW“ belegt, dass wir Netzbetreiber von Strom- und Gasnetzen für die Bewältigung des erheblichen Anpassungsbedarfs in den verschiedenen Energieinfrastrukturen gut zusammenarbeiten können. Wir müssen zukünftig das Methantransportnetz gemeinsam mit der zukünftigen Wasserstoffinfrastruktur betrachten und die Schnittstellen zum Stromsystem einbeziehen. In der Folge müssen wir den Bedarf an Wasserstoffinfrastruktur dann auch von der BNetzA bestätigt bekommen.“
Dr. Jörg Bergmann, Sprecher der Geschäftsführung Open Grid Europe: „Das Projekt „Integrierte Netzplanung NRW“ zeigt den Pioniergeist an Rhein und Ruhr – und vor allem, dass wir in Nordrhein-Westfalen einen klaren Plan für das Energiesystem der Zukunft haben. Dabei spielt die Wasserstoffinfrastruktur eine sehr wichtige Rolle für das künftige Klimaneutralitätsnetz. Damit der hierfür notwendige Aufbau der H2-Infrastruktur schnell und effizient gelingt, wollen wir existierende Erdgasinfrastruktur umstellen und durch einzelne Neubauten ergänzen. Was OGE dafür benötigt? Einen H2-Infrastruktur-Turbo und eine schnellstmögliche bundesseitige Bestätigung durch ein H2-Infrastrukturgesetz für diese No-regret-Maßnahmen in 2023.“
Dr. Patrick Wittenberg, Geschäftsführung Spezialtechnik und Digitalisierung Westnetz: „Strom- und Gasverteilnetze sind das Rückgrat der Energiewende. Sie sind das Bindeglied zwischen erneuerbaren Energien, Verbraucherinnen und Verbrauchern und überregionalen Netzen. Sie ermöglichen den Anschluss von erneuerbaren Energien und sichern die Versorgung von Millionen Privathaushalten und Unternehmen mit Strom und Gas. Damit spielen sie auch eine zentrale Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstands und des Wirtschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen. Perspektivisch können die Erdgasverteilnetze als Schnittstelle zum Wasserstoff-Startnetz für die Versorgung mit grünen Gasen genutzt werden. Das ist wichtig, denn: 70 Prozent der mittelständischen Industriekunden können ihre Prozesse aus technischen Gründen nicht elektrifizieren. Sie sind auf gasförmige Energieträger wie Wasserstoff angewiesen, um ihre Prozesse zu erhalten und damit verbundene Arbeitsplätze zu sichern.“
Zum Hintergrund
„Integrierte Netzplanung NRW“ ist ein gemeinsames Projekt der Gasfernleitungsnetzbetreiber Open Grid Europe und Thyssengas sowie des Übertragungsnetzbetreibers Amprion und des Verteilnetzbetreibers Westnetz und dem Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Das Projekt wurde durch das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität Köln (EWI), das Forschungszentrum Jülich und das Institut für Elektrische Anlagen und Netze, Digitalisierung und Energiewirtschaft (IAEW) der RWTH Aachen wissenschaftlich begleitet.
Die „Integrierte Netzplanung NRW“ hat das Ziel die erstmalige Erprobung einer systemübergreifenden Betrachtung der unterschiedlichen Energieinfrastrukturen für das einwohner- und industriestärkste Bundesland mit einem bisher einzigartigen Detailierungsgrad der Untersuchungen und Ergebnisse. Die Erkenntnisse aus dem Prozess zur „Integrierten Netzplanung NRW“ sollen daher auch als Vorarbeit für entsprechende Prozesse auf Bundesebene, beispielsweise die nach der DENA-III Netzstudie von BMWK aufgenommenen Arbeiten für eine Systementwicklungsstrategie, dienen.