Intrapore GmbH • Essen

Winzige Partikel, saubere Wirkung

Düsseldorf/Essen, 25.01.2017 • Das Essener Start-up Intrapore säubert Grundwasser mit mikroskopisch kleinen Nanopartikeln. Vom Gelände der alten Zeche Zollverein aus wollen die Neugründer den europäischen Markt erobern und dann in Nordamerika und Asien Fuß fassen.

Julian Bosch war sich eines Tages sicher, dass er seine erfolgreiche wissenschaftliche Laufbahn verlassen wollte. Der promovierte Biologe hatte genug von der Grundlagenforschung – er wollte handeln.
Schon vor Jahren war in dem heute 41-Jährigen die Idee gereift, sich selbständig zu machen. Gezielt besuchte er neben der Forschungsarbeit Kurse in Management und Betriebswirtschaft. Und er baute gedanklich seine Geschäftsidee aus: verunreinigtes Grundwasser umweltschonend mit Hilfe der Nanotechnologie zu sanieren. Die Grundlage bilden ein von Julian Bosch mitentwickelter Nanopartikel auf Eisen-Basis sowie praxisnahe Erkenntnisse aus seiner Arbeit an EU-Forschungsprojekten. "Da habe ich die Marktlücke erkannt."

Um das Potenzial der Nanotechnologie in der Sanierung von Grundwasser zu entfalten, setzt sich Bosch zusätzlich das ehrgeizige Ziel, weltweit als erster mit einem Verfahren am Markt zu sein. Er ist sich sicher, mit Hilfe seiner Nanopartikel Grundwasser kostengünstiger, schneller und nachhaltiger reinigen zu können als es bisherige Verfahren vermögen.

Wissenschaft trifft Erfahrung

Julian Bosch lernt den Ingenieurgeologen Johannes Bruns kennen, der viel Erfahrung mit der Sanierung von Grundwasser hat. Eigentlich war dieser bereits im Vorruhestand, aber er ließ sich von Boschs Ideen und Plänen überzeugen. "Das ist eine geniale Kombination, dass man das in einer Firma zusammenbringt: Wissenschaft und Branchenerfahrung", sagt Bosch, der Anfang 2015 von München nach Essen zieht. Im selben Jahr gewinnen er und Bruns den vom Umweltministerium Nordrhein-Westfalen geförderten KUER Businessplan-Wettbewerb. Kurz darauf gründen sie im September 2015 Intrapore. Die Begriffe "intra" (lateinisch: innerhalb) und "pore" (griechisch: Öffnung, Loch) umreißen das Verfahren: Die mikroskopisch kleinen Nanopartikel lagern sich in den Bodenporen an die Bodenkörner an und machen dort mit ihren spezifischen Eigenschaften gezielt ausgewählte Schadstoffe unschädlich. Seit April 2016 ist Intrapore jetzt am Markt aktiv. Zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt das Start-up heute, Tendenz steigend.

Minimal-invasiv und schnell

Verunreinigtes Grundwasser wird bislang häufig mit dem sogenannten Pump and treat-Verfahren aufbereitet: Das belastete Wasser wird an die Oberfläche gepumpt, dort behandelt und dann gesäubert ins Oberflächenwasser geleitet. Die aufgefangenen Schadstoffe müssen zusätzlich separat entsorgt werden. "Das ist sehr aufwändig, teuer und es dauert im Schnitt zehn Jahre, bis eine Grundwasserschicht als gereinigt gilt. Mit unserem Verfahren geht es viel schneller, nach spätestens zwei Jahren sind die Erfolge messbar", erläutert Johannes Bruns. "Der Vorteil unserer Partikel ist, dass sie genau dort sitzen, wo die Schadstoffe sind. Sie lagern sich im Boden an und reagieren nachhaltig mit den gefährlichen Stoffen. Außerdem arbeiten wir minimal-invasiv, wir benötigen über Tage weder große Pumpen oder Leitungen, noch greifen wir unter Tage in die Fließrichtung des Grundwassers ein", so Julian Bosch.

Etwa ein Dutzend verschiedener Partikel auf Eisen-Basis hat Intrapore bislang im Angebot. "Sie sind wirksam gegen eine ganze Reihe unliebsamer Kohlenwasserstoffe, gegen Benzol, Toluol, gegen Schwermetalle, Pestizide oder sprengstofftypische Verbindungen", sagt die Leiterin der Produktentwicklung, Housna Mouttaki. Doch bevor die Partikel im Nano- und Mikrometerbereich in den Boden kommen, müssen die möglichen Einsatzorte genau untersucht werden. Die Standorterkundung erfolgt mit eigenen Messgeräten, die über Brunnen in das Grundwasser hinabgelassen werden. "Wir können die Prozesse im Boden so genau analysieren", erläutert Julian Bosch. Intrapore bestimmt dabei die Schadstoffkonzentration, verschiedene Wasserparameter, die Wasserbewegung und vieles mehr.

Zielgenaues Vorgehen

Aus den Daten werden im nächsten Schritt aussagekräftige digitale 3D-Modelle der Grundwasserbereiche erstellt. Das Team von Intrapore testet schließlich im Labor, welche Partikel am besten gegen die jeweiligen Schadstoffe an den Standorten wirken. Erst wenn alle Faktoren bekannt und berechnet sind, und sich das Intrapore-Verfahren in der spezifischen Situation als geeignet herausgestellt hat, kann die Umsetzung beginnen: Die auf die jeweilige Schadstoffsituation maßgeschneiderten Nanopartikel werden in die relevanten wasserführenden Bodenschichten injiziert. Dort sollen sie eine für die Schadstoffe undurchdringliche Barriere bilden, in der die Nanopartikel – abhängig von ihrer individuellen Beschaffenheit – auf ganz unterschiedliche Weise mit den Schadstoffen reagieren. Am Ende bleiben, das ist die Idee, nur unbedenkliche Verbindungen wie Kohlendioxid oder Ethan übrig. Bei Schwermetallen ist es anders: Da diese nicht abbaubar sind, können die winzigen Partikel die Schwermetalle lediglich aus dem Wasser filtern und im Boden gefangen halten – dafür aber dauerhaft (Mehr dazu).

"Unser Verfahren ist für Mensch und Umwelt unbedenklich und funktioniert auch an schwer zugänglichen Standorten, etwa zwischen Bahngleisen oder unter Gebäuden", erläutert Firmengründer Bosch. Doch das Intrapore-Verfahren ist kein Allheilmittel. "Wir wenden das Verfahren nur dort an, wo wir es für geeignet halten. Der Boden darf zum Beispiel nicht zu undurchlässig sein", erläutert der Ingenieurgeologe Johannes Bruns.

Wie bei allen neuen Verfahren ist es außerdem vorgeschrieben, die Umweltverträglichkeit jeder geplanten Anwendung von unabhängiger Seite aus genau zu prüfen und ihren Nutzen gegenüber den etablierten Technologien zur Grundwassersanierung zu belegen. Auch die Wirksamkeit des Verfahrens muss dann klar gezeigt werden.

Die Neugründer sind dennoch von ihrem Vorhaben überzeugt. Aber sie sehen sich vor einer unternehmerischen Herausforderung. "Wir müssen ein neues Produkt in einem konservativen Markt etablieren", sagt Julian Bosch. "Aber dieser Herausforderung stellen wir uns jetzt."

Von Essen in die ganze Welt

Einen ersten Kundenkreis hat das junge Unternehmen bereits akquiriert. An mehreren Standorten in Deutschland haben Intrapore-Fachleute ihre Messgeräte in den Boden hinabgelassen. Im Frühjahr 2017 sollen die ersten Injektionen mit den Nanopartikeln folgen. "Wir wollen unseren Kundenkreis auf ganz Europa ausweiten. Aber auch Nordamerika und Asien sind interessante Märkte. Vor allem in China ist das Grundwasser vielerorts leider stark belastet", so Julian Bosch. Die meisten Kunden befinden sich derzeit noch in der Region Essen, wo Intrapore seinen Firmensitz hat: auf dem historischen Gelände der Schachtanlage 4/5/11 der Zeche Zollverein.

Um für die Zukunft und die Wünsche der Kunden gewappnet zu sein, tüftelt Housna Mouttaki in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig bereits an neuen Nanopartikeln. Die Kollegen dort entwickeln Partikel, die bei Intrapore dann für die jeweilige Anwendung modifiziert werden. "Wir können heute schon ein breites Spektrum der häufig vorkommenden Schadstoffe behandeln", so Mouttaki, "aber es gibt noch viele weitere Möglichkeiten – zum Beispiel Mikroschadstoffe wie etwa die Rückstände von Arzneimitteln. Die Schadstoffe gehen uns jedenfalls so schnell nicht aus." (js/lhz)

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Die Intrapore GmbH ist ein Unternehmen der nordrhein-westfälischen Umweltwirtschaft. Mit ihrem neuen Verfahren planen die Essener, eine sichere, nachhaltige und kostengünstige Technologie zur Sanierung von schadstoffbelastetem Grundwasser weltweit zu etablieren. Umweltwirtschaft – Vorsprung für NRW.

Intrapore GmbH

Gewässersanierung mit Nanopartikeln

  • Beschäftigte 12
  • Umsatz 550.000 Euro
  • Patente 2
  • Exportpotenziale EU, Nordamerika, Asien
  • Forschungskooperationen Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
  • Gründung 2015
  • Firmensitz Essen 

www.intrapore.com