19. April 2016 in Dortmund

Wirtschaftsforum Umweltfreundliche Energiesysteme

Das „Wirtschaftsforum Umweltfreundliche Energiesysteme“ versammelte am 19. April 2016 in Dortmund rund 40 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung, um mit ihnen die Ergebnisse des Umweltwirtschaftsberichts und die weitere Entwicklung der umweltfreundlichen Energiewirtschaft am Standort Nordrhein-Westfalen zu diskutieren. Das Landesumweltministerium hatte in Kooperation mit der EnergieAgentur.NRW und der IHK zu Dortmund eingeladen.

Dem Wirtschaftsforum vorausgegangenen war die Veröffentlichung des ersten Umweltwirtschaftsberichts für Nordrhein-Westfalen im Sommer 2015. NRW ist bundesweit der größte Anbieter von umweltwirtschaftlichen Produkten und Dienstleistungen, worunter – neben sieben weiteren Teilmärkten – auch die umweltfreundliche Energiewandlung, Energietransport und Energiespeicherung gefasst werden. Diesen Vorsprung auszubauen und das Land zum führenden Standort umwelt- und klimaorientierter Wirtschaft und Forschung zu entwickeln, ist das Ziel der Umweltwirtschaftsstrategie, die das nordrhein-westfälische Umweltministerium Mitte vergangenen Jahres auf den Weg gebracht hat.

Herr Dr. Frank-Michael Baumann, Geschäftsführer der EnergieAgentur.NRW und Moderator der Veranstaltung, begrüßte die Teilnehmenden von Seiten der Veranstalter und lud sie herzlich ein, sich aktiv in die Diskussionen einzubringen und an der Ausgestaltung der Umweltwirtschaftsstrategie des Landes mitzuwirken.

Stefan Schreiber, Hauptgeschäftsführer der IHK Dortmund, begrüßte als Hausherr die Teilnehmenden in den eigenen Räumen. Schreiber hob die Bedeutung der Energiewende für die Unternehmen aus NRW hervor. Gerade der Bereich Energieeffizienz berge ein enormes Potenzial für viele kleine und mittelständische Unternehmen der Region.

Michael Theben, Leiter der Abteilung Klima, Zukunftsenergien und Umweltwirtschaft am Klimaschutz- und Umweltministerium NRW, sprach in seinem Vortrag von einem umfassenden Paradigmenwechsel von fossiler Energie hin zu umweltfreundlichen Energieträgern. Die Landesregierung in NRW habe es sich zur Aufgabe gemacht, die Energiewende voranzutreiben. Dabei wolle sie vor allem vorhandene Stärken in den Regionen weiter ausbauen. Mit der Umweltwirtschaftsstrategie setze die Landesregierung klare Förderanreize. Im Rahmen der Umweltwirtschaftsstrategie hat das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW insgesamt rund 800 Millionen Euro bis 2020 bereitgestellt.

Jannis Lambert (Prognos) gab Einblick in den Umweltwirtschaftsbericht. Er erläuterte die Methodik hinter dem Bericht und beleuchtete speziell die Herausforderungen und Chancen des Teilmarktes „Umweltfreundliche Energiewandlung, -transport und -speicherung". Der Teilmarkt ist in den letzten Jahren rasant gewachsen: Allein das Marktsegment Erneuerbare Energien verzeichnete ein Umsatzwachstum von 34% und einen Anstieg bei den Erwerbstätigen von 12%. NRW beheimate führende Leitunternehmen und sei auf dem internationalen Markt gut positioniert, gerade im Bereich der Windenergiezulieferer, aber auch in Bio- und Solarenergie. Die Branche sei geprägt durch eine Vielzahl von klein- und mittelständischen Unternehmen und innovativen Start-Ups. Auf Grund seiner herausragenden Größe, der vorhandenen Infrastruktur und etablierten Forschungslandschaft verfüge das Bundesland über herausragendes Potenzial, zum technologischen Innovations- und Wertschöpfungszentrum der Energiewende zu avancieren.

Im Anschluss an die Vorträge waren die Teilnehmenden eingeladen, an einem der drei Workshops teilzunehmen.

Information leichter zugänglich machen

Nach einem Vortrag von Dr. Joachim Kutscher (LeitmarktAgentur.NRW) zu Förderwegen für innovative Projekte der Umweltwirtschaft, diskutierte die Gruppe zu verschiedenen Aspekten der Förderung. Grundsätzlich wurde empfohlen, bei allen Fragen der Förderung das Gespräch mit der LeitmarktAgentur.NRW zu suchen.

Von einigen Teilnehmenden wurde der Wunsch geäußert, Angebote der Landesregierung zu Förderungen aller Art klarer zu kommunizieren, beispielsweise über die EnergieAgentur.NRW. Oft fehle bei der Vielzahl der Programme das Wissen oder der passende Ansprechpartner.

Antragsbewilligung beschleunigen / nachträgliche Förderung ermöglichen

Die Teilnehmer forderten nachdrücklich, den Zeitraum zwischen Einreichung eines Förderantrags und Bewilligung bzw. Ablehnung des Antrags zu verkürzen. Unternehmen seien dem zeitlichen Druck des Marktes ausgesetzt und könnten nicht ein halbes Jahr und länger darauf warten, ein geplantes Vorhaben umzusetzen. Es sei ein Problem, dass ein Unternehmer den Anspruch auf Förderung verwirke, wenn mit einem Projekt bereits begonnen wurde. Es sei dringend erforderlich, eine nachträgliche Förderung bzw. einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn zu ermöglichen. Nur so können am Markt agierende Unternehmen eine Idee zeitnah umsetzen und von ihrem Wissensvorsprung profitieren. Das unternehmerische Risiko, ob der Förderzuschuss gewährleistet wird oder nicht, gehöre zum üblichen Betriebsrisiko und könne in der Regel verkraftet werden.

Markteinführung unterstützen

Neben der Förderung von Erforschung und Entwicklung von Produkten und Verfahren sei es ebenso wichtig, Unternehmen bei der Markteinführung zu unterstützen. Als Hersteller sei es schwierig, mit den Endkunden in Kontakt zu kommen und diese von einem neuen, innovativen Produkt zu überzeugen. Zwischenhändler seien Innovationen gegenüber oft nicht aufgeschlossen. Vielen Unternehmen gehe nach dem ersten Innovationszyklus „die Puste aus“. Die Förderung von Demonstrationsprojekten bzw. Leuchtturmprojekten sei hierbei ein wichtiges Instrument; darüber hinaus wäre aber auch Unterstützung im Bereich der Marktkommunikation hilfreich. In diesem Zusammenhang wurde verwiesen auf die Leistungen der KlimaExpo.NRW. Die Initiative der Landesregierung NRW zeichnet innovative Klimaschutzprojekte aus und bringt diese an die Öffentlichkeit.

Der Workshop wurde von Dr. Frank-Michael Baumann, Geschäftsführer der EnergieAgentur.NRW, moderiert.

Impulsvortrag

Zu Beginn hielt Herr Oliver Donner, Teamleiter Dezentrale Energiesystems bei BET (Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH), einen Impulsvortrag zur Dezentralisierung in der Stromwirtschaft. Er wies auf zahlreiche neue Geschäftsmodelle hin, die sich aus der erforderlichen Flexibilisierung der Erzeugung und der Nachfrage ergäben (u.a. Mieterstrommodelle, dynamische Kundentarife, Lastmanagement, Eigenversorgungsmodelle). Diese wiederum brächten einen erhöhten Steuerungsbedarf mit sich. Hier spiele die Digitalisierung, beispielsweise des Messstellenbetriebs, eine zentrale Rolle.

Schnittstelle Fachhandwerk/Wirtschaft

Die Teilnehmenden des Workshops sahen großes Potenzial in der Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstituten und dem ausführenden Handwerk. Die Facharbeitenden müssten besser für die neuen Technologien und Innovationen geschult werden, damit diese bei den Endverbrauchenden umgesetzt werden können. Der Wissenstransfer zwischen Labor und Handwerk soll somit noch stärker vorangetrieben werden.

Aufbau von nachhaltigen themenrelevanten Netzwerken

Die Veranstaltung stieß bei den Teilnehmenden auf positive Resonanz, weshalb der Wunsch geäußert wurde, den Dialog zwischen Wirtschaft, Forschung und Politik weiterzuführen. Es wurde vorgeschlagen, den Dialog fortzusetzen und gemeinsam am Masterplan Umweltwirt¬schaft zu arbeiten. Auch Abwärmeüberschüsse in der Industrie sollten besser genutzt werden, wozu über Netzwerke das Wissen über entsprechende Senken und Bedarfe geteilt werden kann.

Vorwettbewerbliche Forschung

Auf der Forschungsebene wünschten sich die Teilnehmenden, dass sich die vorwettbewerbliche Forschung verstärkt. Trotz der schnelllebigen Trends und sich ständig verschiebenden Forschungs-schwerpunkte sollen zukunftsträchtige Entwicklungen erkannt und erforscht werden. Ein möglicher Themenschwerpunkt würde hierbei die Forschung von Batteriespeichern sein, die von Seiten der Teilnehmenden als vielversprechendes Segment identifiziert wurde und für sinnvoller gehalten wurde, als überschüssigen Strom in Gas umzuwandeln.

Mehr Durchsetzungsvermögen von der Politik

Es müsse von Seiten der Politik mehr Anreize bzw. Regeln geschaffen werden, um innovative Lösungsansätze innerhalb der Energieversorgung durchzusetzen. Zum Beispiel solle gesetzlich auch für Bestandsbauten vorgeschrieben werden, dass Heizungsanlagen immer mit KWK betrieben werden oder dass fossile Heizsysteme (z.B. Ölheizungen) verboten werden. Auch die Windkraft könne gestärkt werden, indem Gemeinden verpflichtet würden, Konzentrationsflächen auszuweisen. Es müssten zudem Anreize für die Förderung von PV-Speichern geschaffen und die Verteilnetze ausgebaut werden. Das Land habe auch eine Vorbildfunktion, weshalb als Dienstfahrzeuge künftig Elektrofahrzeuge eingesetzt werden sollten.

Der Workshop wurde von Frank Schäfer, Themengebietsleiter Netze, Speicher, Pumpspeicher, Systemtechnik und Systemdienstleistungen bei der EnergieAgentur.NRW, moderiert.

Impulsvortrag EnergieAgentur.NRW

Zum Einstieg in den Workshop hielt Herr Stephanus Lintker ein Impulsreferat, in welchem er die EnergieAgentur.NRW kurz vorstellte und die Bedeutung von wirtschaftlichem, politischem und fachlichem Austausch innerhalb der Branche der Energiesysteme betonte. Herr Carl-Georg Graf von Buquoy berichtete über den Abstieg von neuen Photovoltaik-Anlagen. Er betonte die Bedeutung von dezentralen Strukturen, Testprojekten in Kooperationsländern und der Ausschaltung von zu hohem Wettbewerb.

Informationskanäle stärken und bündeln

Die Teilnehmenden des Workshops gaben an, dass in NRW genügend Informationsnetzwerke bestünden. Jedoch wurde der Wunsch geäußert, die Fülle an Informationen zu bündeln und qualitativ aufzuwerten. Bei vielen - auch mittelständischen - Unternehmen bestünde durchaus Interesse im Ausland aktiv zu werden, es fehle jedoch an dem notwendigen Know-how. Als Anliegen formulierten sie, Informationen zu Dienstleistungen für eine Projektrealisierung (Versicherung, Finanzierung, Förderungsmöglichkeiten etc.) zu verbessern. Auch fehle es an konkreten „Vor-Ort-Infos“ zur Gesetzgebung und Wirtschaft des jeweiligen Landes. Eine allgemeine Senkung der Transaktionskosten könnte somit zur Bildung einer Entscheidungsgrundlage beitragen.

Stärker vor Ort agieren

Zusätzlich wurde Handlungsbedarf bei den potenziellen ausländischen Standorten gesehen. NRW sei verhältnismäßig schlecht aufgestellt bei der Förderung internationaler Unternehmen. Ausbildung und Strukturen vor Ort sollen mehr gefördert werden.

Der Workshop wurde von Herrn Carl-Georg Graf von Buquoy, Themengebietsleiter Photovoltaik, und Herrn Stephanus Lintker, Leiter Netzwerk Außenwirtschaft (beide  EnergieAgentur.NRW) moderiert.

Abschlussdiskussion

In einer Abschlussrunde stellten die drei Workshopmoderatoren Herr Schäfer, Herr Lintker und Herr Dr. Baumann, die Ergebnisse der Diskussionen vor. Dr. Baumann bedankte sich herzlich bei den Teilnehmenden für ihre konstruktive Mitarbeit und gab einen kurzen Ausblick auf das weitere Verfahren zur Erstellung des Masterplans Umweltwirtschaft. Das Umweltministerium wird, in Abstimmung mit den anderen beteiligten Ressorts, die Ergebnisse nun verarbeiten, bündeln und hieraus konkrete Handlungsansätze für den Masterplan Umweltwirtschaft entwickeln. Die Veröffentlichung des Masterplans ist für Ende des Jahres vorgesehen.