24. Mai 2016 in Duisburg

Wirtschaftsforum Ressourceneffizienz

Das „Wirtschaftsforum Ressourceneffizienz“ versammelte am 24. Mai 2016 rund 40 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung, um mit ihnen die Ergebnisse des Umweltwirtschaftsberichts und die weitere Entwicklung der Ressourceneffizienzwirtschaft am Standort Nordrhein-Westfalen zu diskutieren. Das Landesumweltministerium hatte in Kooperation mit der Effizienz-Agentur NRW nach Duisburg auf das Firmengelände der Grillo-Werk AG eingeladen.

Dem Wirtschaftsforum vorausgegangen war die Veröffentlichung des ersten Umweltwirtschaftsberichts für Nordrhein-Westfalen im Sommer 2015. NRW ist bundesweit der größte Anbieter von umweltwirtschaftlichen Produkten und Dienstleistungen, worunter – neben sieben weiteren Teilmärkten – auch der Teilmarkt „Materialien, Materialeffiziente Produktion und Ressourcenwirtschaft“ gefasst wird. Diesen Vorsprung auszubauen und das Land zum führenden Standort umwelt- und klimaorientierter Wirtschaft und Forschung zu entwickeln, ist das Ziel der Umweltwirtschaftsstrategie, die das nordrhein-westfälische Umweltministerium Mitte vergangenen Jahres auf den Weg gebracht hat.  

Begrüßung und Keynote Vorträge

Zu Beginn begrüßten Dr. Christian Ohm (Grillo-Werke AG), Herr Samir Khayat (MKULNV) und Moderator Dr. Peter Jahns (Effizienz-Agentur NRW) die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. In seinen einleitenden Worten verwies Dr. Christian Ohm auf die Besonderheit des Veranstaltungsortes, welcher als gutes Beispiel für die lange Industriegeschichte des Ruhrgebiets stehe.

Herr Jannis Lambert (Prognos AG) präsentierte die branchenspezifischen Ergebnisse des Umweltwirtschaftsberichts NRW und zeigte Stärken, Schwächen und Potenziale der Ressourceneffizienzwirtschaft auf. Mit rund 85.000 Erwerbstätigen und einem Umsatz von 25,7 Mrd. Euro stellt er den größten Teilmarkt der Umweltwirtschaft dar, der auch im bundesdeutschen Vergleich 2009-2012 überdurchschnittlich gewachsen ist. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette von nachwachsenden Rohstoffen und umweltfreundlichen Materialien, über materialeffiziente Produktionsprozess und Technologien, bis hin zur Abfallverwertung und Entsorgung tragen Unternehmen mit innovativen Produkten, Technologien und Verfahren zu Ressourcenschonung und Umweltschutz bei.

Ein Hotspot ressourceneffizienter Produktionstechnologien und –verfahren ist die Metropolregion Ruhr. Herr Börje Wichert (Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH) referierte über den Industriestandort Ruhr und die Herausforderung, wie dort der Kompetenzwandel hin zu einer ressourceneffizienten Region gelingen konnte. Aufgrund ihrer langen Tradition im technischen Umweltschutz gehöre die Region zu den Pionieren in der Ressourceneffizienz und konnte sich dadurch Marktführer in der Umwelttechnologie etablieren. Dank der Dachmarke Greentech.Ruhr konnte eine Vernetzung und Förderung der regionalen Umweltwirtschaftsbranche erreicht werden.

Im Anschluss stellte Dr. Uwe Wolf Unterstützungsangebote des Umweltministeriums für Unternehmen zur Erschließung von Auslandsmärkten vor. Abschließend berichtete Dr. Frank Prenger (Grillo-Werke AG) über aktuelle und zukünftige Maßnahmenumsetzungen der Grillo-Werke AG im Bereich der Ressourceneffizienz insbesondere am Beispiel des Forschungsprojektes „ReZinc – Recycling des Oversprays beim thermischen Spritzen“.

Um den Teilnehmenden eine gesonderte Auseinandersetzung mit ihrem jeweiligen Fachgebiet zu ermöglichen, fanden im Anschluss an die Vorträge Workshops zu den Handlungsfeldern Internationalisierung und Marktentwicklung, Beratung und Vernetzung, sowie Innovationsförderung statt. Die Interessenten benannten Chancen und Herausforderungen der Branche und erarbeiteten anschließend Handlungsansätze, die in den Masterplan Umweltwirtschaft miteinfließen. Die jeweiligen Ergebnisse wurden auf Metaplanwänden visualisiert und abschließend im großen Forum präsentiert.

Nach der Anmoderation durch Herrn Grudzinski (EffizienzAgentur.NRW) gab Markus Schroll (Innowise GmbH) einen kurzen Impulsvortrag über den Mehrwert von Vernetzung und Beratung und wies auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Unternehmen sowie der Berater hin. Schroll warf die Frage in den Raum, wie Berater die Unternehmen besser erreichen können und was der Kosten/Nutzenfaktor für ein Unternehmen sei, wenn dieses einen Berater beauftrage. Abschließend ermutigte er Berater wie Unternehmer sich gegenseitig an den Prozessen teilnehmen zu lassen. Durch die Zusammenarbeit von Beratung und Unternehmen ließen sich schlussendlich besser Ergebnisse erzielen. Nobert Reichl (Food-Processing Initiative e.V.) folgte mit einem Einblick in die Arbeit seiner Initiative und hob die Bedeutung von Netzwerkstrukturen bei der internationalen Markterschließung hervor. Zugang zu Netzwerkstrukturen im Ausland könne ein elementarer Türöffner bei der Erschließung von Auslandsmärkten sein.

Bestehende Netzwerkstrukturen nutzen

In NRW gibt es bereits eine sehr dichte Netzwerk- und Beratungslandschaft zu den Themen Energieeffizienz und Ressourceneffizienz, sowohl themenspezifisch wie teilweise auch seitens der Berater in diesem Themenfeld. Die Teilnehmenden sprachen sich daher sehr deutlich gegen die Gründung neuer Netzwerke und Beratungsstrukturen aus. Bereits etablierte, unternehmensnah aufgestellte Strukturen/Branchennetzwerke verfügen über Kontakte und den notwendigen Vertrauensrahmen, um Themen in die Unternehmen zu tragen. Diese Strukturen gelte es besser einzubinden und zu nutzen, um effektiv und effizient die gesetzten (politischen) Ziele zu erreichen.

Allerdings sei es nicht immer einfach, Unternehmen zur Teilnahme an Vernetzungsaktivitäten zu bewegen. Für sie spielen das Kosten-Nutzen-Verhältnis und der konkrete Mehrwert von Vernetzungsaktivitäten eine zentrale Rolle. Für Unternehmen sei Vernetzung insbesondere dann attraktiv, wenn es 1) um ökonomische Potenziale und 2) um Ressourcenverfügbarkeit bzw. Sicherstellung der Wertschöpfungskette gehe. Für KMU können Netzwerke zudem als Ideenquelle, zur Information und zum Erfahrungsaustausch dienen. Allerdings verfügen gerade diese häufig über mangelnde Ressourcen neben dem Tagesgeschäft, die die Teilnahme an Netzwerktreffen zuließe.

Mehrwert von Ressourceneffizienz kommunizieren

Zudem habe die Ressourceneffizienz auch insgesamt ein Kommunikationsproblem; es gelte, den (auch finanziellen) Mehrwert von Ressourceneffizienzmaßnahmen für Unternehmen noch deutlicher herauszuarbeiten und zu kommunizieren. Hier spielen Berater eine wichtige Rolle. Allerdings sei bei der Vielzahl von angebotenen Beratungsleistungen für Unternehmen schwierig, die Kompetenz und Neutralität der Berater einzuschätzen.

Als wesentliche Treiber für die Umsetzung von Ressourceneffizienzmaßnahmen wurden Kundenanforderungen, Nutzerverhalten und rechtliche Rahmenbedingungen genannt.

Unterstützung bei der Erschließung von Auslandsmärkten

Auch im internationalen Kontext spielt Vernetzung eine große Rolle. Die Erschließung von Märkten im Ausland ist in großem Maße von Kontakten in die Zielregion abhängig. Am Anfang steht die Markterkundung, die neben der Informationsbeschaffung über den Zielmarkt auch mit dem Aufbau von Kooperationen und Netzwerken einhergeht. Hier kann der Zugang zu Netzwerkstrukturen im Ausland einen immensen Mehrwert bringen. Bestehende fachbezogene EU-Projekte können als Plattform für entsprechende Netzwerkbildung fungieren.

Es wurde allerdings darauf hingewiesen, dass nicht nur die Markterkundung (u.a. Delegationsreisen, Matchmakings), sondern insbesondere die Unterstützung der Markterschließung (im Sinne eines follow-up zur Markterkundung) von KMU dringend benötigt würde, um Exportmärkte erfolgreich zu erschließen. Es gelte nicht nur in den Zielmärkten, sondern auch in NRW ein Unterstützungsangebot im Sinne der Projektbegleitung (Kümmerer) und Strategieentwicklung (Beratung) zu gewährleisten.

Zudem laufe die Markterschließung häufig in zwei Phasen ab: Häufig begännen Auslandsgeschäfte mit dem Export von Know-how/Dienstleistungen, die zum Capacity Building im Ausland beitragen. In dieser Phase würden in erster Linie Berater, z.B. Ingenieure nachgefragt. Der Export von Gütern (Produkte, Anlagen) erfolge häufig erst in der darauffolgenden Phase.

Nach einer kurzen Anmoderation durch Herrn Khayat (MKULNV) mit einer Bezugnahme auf die Bedeutung von Innovationen im Zusammenhang mit Projekten der Ressourceneffizienz folgte ein kurzer Impulsvortrag von Herrn von Wesel (Grillo Werke). Er berichtete über die Fördervorhaben zur Implementierung eines innovativen Produktionsprozesses.

Innovationen durch Netzwerke

Hinsichtlich der Entwicklung von Innovationen wurde deutlich, dass die wenigsten Unternehmen explizit strategisch aufgestellt sind und dadurch frühzeitig Markttreiber erkennen können. Hierfür könnte der Austausch über Netzwerke hilfreich sein, um brancheninterne Lösungen zu finden. Dabei sind unverbindliche Formen, wie Unternehmerfrühstück oder Betriebsbegehungen empfehlenswert. Problematisch sei allenfalls, vergleichbare Unternehmen oder Projekte zu finden. Entscheidend sei hier der direkte Austausch über wechselseitige Besuche. Hinzu kommt der fachliche Input von externen Vortragenden, die Inhalte zielgerecht vermitteln und einen praktischem Bezug in der Region anbieten. Ebenfalls wurde die Forschungsarbeit von öffentlich geförderten Instituten als sehr wichtig für innovative Entwicklungen gesehen. Es wurde angemerkt, dass große Unternehmen aus dem Energiebereich verstärkt Start-ups kauften bzw. selbst gründeten, um Innovationen umzusetzen.

Austausch und Best Practice

Datenbanken zu Best Practice wurden zwar insgesamt als positiv angesehen, sind nach Ansicht der Teilnehmenden aber nicht selbsttragend bzw. werden von der Zielgruppe der Unternehmen nicht aktiv nachfragt und genutzt. Positiv wurden allerdings der brancheninterne Erfahrungs- und Wissensaustausch sowie die Verfügbarkeit von Branchenenergiekonzepten gesehen. Hier solle eine Ausweitung im Bereich der Ressourceneffizienz geprüft werden. Diesbezüglich wurde auf die Angebote der EnergieAgentur.NRW im Rahmen des virtuellen Unternehmens hingewiesen (www.energie-im-unternehmen.de).

Innovationscoach und Ideen-Scout

Die Teilnehmenden regten die Idee eines “Innovationscoaches” an, der die Vertrauensbildung zwischen den Teilnehmenden stärken und die Wissensaufbereitung und -vermittlung organisieren soll. Dadurch kann ein innovatives Klima geschaffen werden, in dem Projektideen oder Kooperationen entstehen. Ebenfalls wurde der Gedanke eines “Ideen-Scout”  geäußert, der individuell aber auch gruppenbezogen innovative Entwicklungen vermitteln kann.

Förderung

Die Förderlandschaft in NRW wurde von den Teilnehmenden als sehr breit gefächert und unübersichtlich wahrgenommen. Für neue geschaffene Förderprogramme im Zuschussbereich fehle es an entsprechenden Vertriebskanälen, so dass diese beim Zielkunden nicht wahrgenommen würden. Die bestehenden Übersichtsangebote in Form von Datenbanken (u.a. Förderdatenbanken des BMWi, der NRW.Bank, und der EnergieAgentur.NRW) hülfen den Unternehmen nur bedingt bei ihren konkreten Anliegen; es bedürfe zusätzlich des persönlichen Austausches mit fachkompetenten Personen vor Ort, wie etwa über die IHK, die HWK und die Wirtschaftsförderungen. Es wurde zudem der Wunsch nach einem schnelleren und unbürokratischeren Zugang zu Fördergeldern geäußert.

Generell wurde von den Teilnehmenden festgehalten, dass das Verständnis von Innovation sich stark zwischen der Sicht des Unternehmers, des Beraters und des Fördermittelgebers unterscheidet. In Unternehmen sind Innovationen immer produkt- oder prozessgetrieben und kein Selbstzweck.

Abschlussdiskussion

In der abschließenden Plenumsdiskussion wurden die Ergebnisse der Workshops gegenseitig vorgestellt und diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass für die weitere Marktentwicklung die Treiber Nutzer, Kunde und Gesetzgeber im Auge zu behalten sind. Da dem einzelnen Unternehmen dafür aber die personellen Ressourcen fehlen, bedarf es der Unterstützung durch Netzwerke oder Berater. Das Land solle aber nicht primär die Schaffung neuer Netzwerke anregen, sondern vielmehr sollten bestehende Netzwerke mit weiteren Themen ergänzt werden. Netzwerke vor Ort könnten genutzt werden, um sich gemeinsam an EU-Projekten zu beteiligen.

Bei der Erschließung von Auslandsmärkten sei darauf zu achten nicht nur die Markterkundung, sondern auch die Markterschließung zu fördern und die Förderung grundsätzlich an der Einsparung von CO2 oder Energie auszurichten.

Geachtet werden solle darauf, vor dem Verkauf/Export von Anlagen/ Maschinen den entsprechenden Auslandsmarkt hinsichtlich seiner (Infra-) Struktur und Rahmenbedingungen zu analysieren (Beraterleistung), um die Technik ggfls. entsprechend den örtlichen Gegebenheiten wie anderen Rahmenbedingungen und strukturellen Voraussetzungen anpassen zu können. Sonst bestünde die Gefahr, dass eine eigentlich ausgereifte und moderne Technik zur Umweltentlastung aufgrund nicht angepasster Parameter ihren eigentlichen Zweck nicht oder nur teilweise erfüllt.

Nach der Veranstaltung gab es eine Führung durch das Grillo-Archiv, um Einblicke in die Firmen- und Familiengeschichte zu bekommen.